Mit der Arbeitsgruppe Regenbogen in Rhede zeichnet das Bistum Münster im Rahmen des Ehrenamtspreises 2024 gleich eine ganze Pfarrei aus, die sich in besonderer Weise für eine offene Kirche einsetzt. Dafür erkennt ihr das Bistum den dritten Preis zu.
Als im Frühjahr 2021 Mitglieder der Pfarrei St. Gudula in Rhede im Kreis Borken mit einem Zebrastreifen in Regenbogenfarben vor der Pfarrkirche ein Zeichen für Offenheit und Nächstenliebe setzten, war das Echo groß. Hunderte von Gläubigen bekundeten mit ihrer Unterschrift auf dem meterlangen Tuch ihre Solidarität mit der Aktion und machten so deutlich, dass die Kirche auch die Menschen miteinbezieht, die gleichgeschlechtlich lieben.
Wenig später rief der Pfarreirat die Arbeitsgruppe Regenbogen ins Leben. Unter der Leitung von Pfarrer Thorsten Schmölzing treffen sich dort Mitglieder des Seelsorgeteams und des Pfarreirates sowie Menschen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben. „Wir machen damit deutlich, dass gleichgeschlechtlich Liebende und Paare in unterschiedlichen Lebenssituationen zur Normalität des Gemeindelebens dazugehören“, sagt Lissy Hying.
Das Pfarreiratsmitglied begründet ihr zusätzliches kirchliches Engagement in der Arbeitsgruppe Regenbogen so: „Ich wünsche mir eine offene Gemeinde, in der jeder Mensch seinen Glauben leben kann und herzlich willkommen geheißen wird.“
Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Regenbogen schätzen es sehr, mit dem Bistumspreis für freiwilliges Engagement ausgezeichnet zu werden, sagt Schmölzing: „Die Auszeichnung zeigt uns, wie in der katholischen Kirche ein Bewusstseinswandel eingetreten ist. Bei der Diskussion um Segensfeiern für homosexuelle Paare, die im Vatikan immer noch sehr kritisch gesehen werden, hat uns Bischof Felix Genn den Rücken gestärkt. Das erfahren wir als große Wertschätzung.“
Für Klaus Heumer, der seit sieben Jahren in einer gleichgeschlechtlichen Ehe lebt, bietet die Arbeitsgruppe Regenbogen die Chance, sich mit anderen auszutauschen, religiöse und kirchenpolitische Fragen zu diskutieren, und das Gefühl zu haben, zur Kirche dazuzugehören: „Ich bin seit vielen Jahren Mitarbeiter im Caritasverband. Lange Zeit habe ich meine Homosexualität verschwiegen. Ich bin froh darüber, am Gemeindeleben teilzunehmen. Ich bin ein gläubiger Mensch und gern katholisch.“
Der Bocholter Carsten Rawie hat sich der Arbeitsgruppe angeschlossen, um anderen Gemeindemitgliedern die Angst zu nehmen, zu ihrer Sexualität zu stehen: „Ich war schon überrascht über den Preis, den wir vom Bistum bekommen. Die Auszeichnung gibt uns einen Motivationsschub.“
So hatte es vor zwei Jahren im Lokal Blues in Rhede ein Kneipengespräch unter dem Titel „Liebt Gott Homosexuelle?“ gegeben, das von Mitgliedern der Arbeitsgruppe Regenbogen vorbereitet wurde. Mehr als 50 Interessierte tauschten sich dazu aus, welche Erfahrungen Menschen machen, die gleichgeschlechtlich lieben, und wie wissenschaftliche Erkenntnisse der Medizin, der Psychologie und der Theologie den christlichen Blick auf Homosexualität verändert haben.
Zu einem eigenen Regenbogen-Gottesdienst Anfang dieses Jahres seien mehr als 300 Gemeindemitglieder gekommen, um gemeinsam zu feiern, dass Gott alle Menschen liebt. Für Pfarreiratsmitglied Hannelore Wortmann zeigte die Feier eine offene Kirche, die sie sich wünscht: „Wir räumen Vorurteile aus und bauen Hemmschwellen ab.“ Mechthild Holtschlag ergänzt: „Es ist schön zu sehen, was wir in Rhede alles erreicht haben. Meine Überzeugung ist: Gott liebt und segnet alle Menschen.“
Bildunterschrift: itglieder der Arbeitsgruppe Regenbogen in der Pfarrei St. Gudula in Rhede zeigen ihren regenbogenfarbenen Zebrastreifen, den sie vor einiger Zeit als Zeichen für Vielfalt und Offenheit auf die Straße zur Pfarrkirche gelegt hatten. Als Zeichen der Solidarität schrieben Hunderte von Gemeindemitgliedern ihre Namen auf das Tuch.