Kann man von Hoffnung reden, wenn manches in Kirche zum Schämen ist?

„Von der Zukunft sprechen: Kirchliche Impulse für ein besseres Morgen“ – Unter dieser Überschrift hat ein erster „Tag der Radioverkündenden“ am 19. September stattgefunden.

Fotos: Bischöfliche Pressestelle/Martin Wißmann

Fast zwei Dutzend Autorinnen und Autoren, die im Auftrag der katholischen Kirche im Bistum Münster auf den WDR-Wellen oder bei NRW-Lokalradios Verkündigungsbeiträge gestalten, nahmen an der eintägigen Fortbildungs- und Reflexionsveranstaltung teil, die von der Rundfunkarbeit des Bistums gestaltet worden war.

Den Einstiegsimpuls hielt Dr. Anna-Maria Balbach von der Universität Münster. Sie sprach über „Wort und Wirkung – Erste Erkenntnisse aus einem linguistischen Forschungsprojekt zu Sprache und Konfession im Radio.“ Ihre Untersuchung der Verkündigung im WDR-Jugendsender 1LIVE brachte viele Gemeinsamkeiten evangelischer und katholischer Verkündigungsbeiträge zutage, aber auch interessante Unterschiede. In katholischen Beiträgen könne man mehr Ortsnamen registrieren, in evangelischen mehr Personennamen. Meistgenannte Begriffe in Beiträgen beider Konfessionen seien „Gott“, „Mensch“ und „Leben“, wobei evangelische Beiträge öfter Bezug zur Bibel und katholische Beiträge häufiger Bezug zur Kirche nähmen, führte die Wissenschaftlerin aus. In der Pandemie habe der Name „Corona“ den Namen „Jesus“ in katholischen Beiträgen deutlich verdrängt, während „Jesus“ in evangelischen seine prominente Position in der Worthäufigkeit behalten habe. Die Untersuchung habe darüber hinaus ergeben, dass die Beiträge besser ankämen, die mehr positiv-assoziierte und wenn überhaupt nur wenige negativ-konnotierte Begriffe verwendeten. 

Mit einem kritischen Zwischenruf unter der Überschrift „‘Hallo? Ist da noch wer?‘ Wie Kirche kommuniziert und wer ihr dabei (noch) zuhört“ meldete sich Dr. Anna Grebe zu Wort. Die Medienwissenschaftlerin, Beraterin und freie Autorin aus Berlin, die dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken angehört, stellte Radioverkündigung in Kontexte mündlicher Überlieferung und beziehungsstiftender Momente. Grebe warf viele Fragen auf, deren Beantwortung sie offen ließ: Inwieweit Kirche einen Markenkern definiert habe, inwiefern kirchliche Autorinnen und Autoren diesen mit transportierten; inwieweit sie sich trauten, von christlicher Hoffnung zu sprechen oder seitens der Gesellschaft geforderte, klare Antworten zu geben, wenn Kirche in Teilen doch zum Schämen sei; inwiefern kirchliche Autorinnen und Autoren sich auch als Teil einer im positiven Sinne missionarischen Kirche verstünden oder inwieweit es sich bei dem Drittsenderecht, auf dem die kirchliche Verkündigung fuße, um ein überkommenes Privileg handele.

Aktuelle Entwicklungen im auditiven Storytelling nahm Dr. Christian Schröder in den Blick. Im Podcastbereich seien Trends zum Geschichtenerzählen auszumachen, das vor allem der Entspannung, der Unterhaltung oder dem Engagement diene, führte der Referent für Pastoralentwicklung im Bistum Aachen aus. Schröder ging zudem der Frage nach, welche Entwicklungsmöglichkeiten spannend erzählte Geschichten und narrative Anekdoten für die Gestaltung von Verkündigungsbeiträgen bergen.

Einen Air-Check für Verkündigungsbeiträge bot Klaus Nelißen an. Der stellvertretender Rundfunkbeauftragte der NRW-Diözesen beim WDR in Köln erläuterte zunächst Qualitätskriterien für gelungene Radioverkündigung. Im Gespräch mit den Autorinnen und Autoren arbeitete man gemeinsam heraus, was an deren Beispielbeiträgen gelungen und was entwicklungsfähig gewesen ist. 

Praxisorientierte Tipps, wie man die für das sprecherische Präsentieren von Texten erforderliche Augenhöhe und Zuwendung erreichen kann, gab Reinhard Pede. Der Sprecherzieher und Sprechwissenschaftler aus Düsseldorf ermutigte, alle störenden Gedanken und Empfindungen im Studio mit einer Stopp-Übung zu überwinden, bevor man mit sich mit einer passenden Idee einatmend auf die Sprechsituation einstelle und konzentriere. Pedes Credo lautete, gelungenes Sprechen sei mehr Arbeit an einer angemessenen Atmosphäre als an der Perfektionierung von Sprechfertigkeiten.

In der abschließenden Runde meldeten Teilnehmende zurück, einen rundum gelungenen Fortbildungstag mit anregenden Impulsen und guten Hinweisen erlebt zu haben, der zudem gute Gelegenheiten für Austausch und Vernetzung bot. Viele artikulierten Wünsche für eine Folgeveranstaltung, die Mathias Albracht und Martin Wißmann von der Rundfunkarbeit des Bistums aufmerksam notierten: Dem ersten Tag der Radioverkündenden 2022 wird wohl alsbald ein zweiter folgen.